Tage am Meer – Teil 1

Ich packte meine Sachen und ging ans Meer…,
…also zumindest fast so lief es ab.  Ich entschied mich am Mittwoch ein Hotel zu buchen, buchte am Freitag dann meine Hin- und Rückfahrt und am Sonntag begann auch schon meine Reise nach Warnemünde. Ich wusste, dass es dort Meer gibt. Oder zumindest so etwas in der Art, denn die Ostsee ist für mich irgendwie kein richtiges Meer. Eher so ein großer See, der sich als Meer verkleidet hat.

Ich verbinde viel mit dem Meer und ich könnte stundenlang im Sand sitzen und dem Rauschen zuhören. Ein Konzert, welches unablässig gespielt wird und sich in seiner Melodie nur durch wenige Töne unterscheidet. Die Welt erscheint einem danach immer klarer, immer einfacher und die Gedanken sortieren sich hier. Sei es von dem Meeresduft, dem Geräusch der Wellen oder einfach weil ein Teil meiner Seele hier Zuhause ist. Wie beschrieb mich einst jemand? Du bist wie Ebbe und Flut – mal ganz nah und dann wieder ganz weit weg, aber am Ende kommst du immer wieder zurück.

Zum Zeitpunkt dieser geschriebenen Zeilen sitze ich am Warnemünder Strand und schaue auf das Meer hinaus. Im Hintergrund spielt jemand Gitarre und singt spanische Lieder. Es fühlt sich so an, als ob man irgendwo weit weg von der Realität und der Arbeit ist, die auf einen wartet. Ich beobachte die Menschen, die an mir vorbeiziehen. Da war dieses alte Pärchen und selbst seine Krücke hat ihn nicht daran gehindert, mit seiner Frau an seiner Seite, barfuß am Wasser entlang zu spazieren. Ein anderes älteres Paar, lief ebenfalls den Strand entlang, händchenhaltend und sich zwischendurch tief in die Augen schauend. Welch schöner Anblick überall auf der Welt, aber am Meer irgendwie noch viel mehr. Man sieht viele ältere Paare, die entweder in trauter Zweisamkeit oder in Gruppen hier unterwegs sind, um die lange gemeinsam verbrachte Zeit zu zelebrieren. Zwischen die alten mischen sich junge Pärchen. Welche, die sich scheinbar schon sehr lange kennen und welche, deren erster kleiner Urlaub es zu sein scheint. Lange gemeinsame Spaziergänge am Strand. Wohl mit die romantischste Vorstellung des Alltags. Eine Rollstuhlfahrerin, die wahrscheinlich nicht alles in sich aufnehmen kann, aber dennoch zum Meer gebracht und vom ihm beseelt zu sein scheint und wenn es nur irgendwo tief im Innern ist. Die vielen Kinder, deren Beine vor Kälte wahrscheinlich bald blau anlaufen werden, weil das Wasser noch so verdammt kalt ist, aber dennoch im Wasser spielen. Freude der Kindheit. Insbesondere das Mädchen, was mit fehlenden Socken angefangen hat ins Wasser zu gehen und mittlerweile nur noch ihre Unterhose trägt. Aber mit so viel Lebensfreude in und wieder aus dem Wasser springt, dass man eigentlich drauf und dran ist mitzumachen. Freundinnen, die sich scheinbar eine Auszeit gönnen um endlich mal wieder ausgiebig quatschen zu können. Über ihre Arbeit, die Männer, das Leben, Gedanken und Gefühle und so einen Kram. „Frauen“, würden die Männer jetzt aufstöhnen. Männer sehe ich tatsächlich eher in größeren Gruppen und weniger zu zweit oder alleine. Wahrscheinlich fährt man mit seinem Kumpel auch nicht unbedingt zum Strand und auch alleine am Wasser entlang zu gehen, hört sich für mich recht untypisch für einen Mann an. Ist ja auch irgendwie uncool. Ausnahmen davon natürlich ausgenommen, denn diese gibt es sicherlich auch. Mir sind sie bloß nicht begegnet. Familien sind natürlich ebenfalls zahlreich vertreten mit einer unterschiedlichen Anzahl an Kindern, ob groß und ob klein. Die Mutter die sich einfach in den Sand schmeißt und die Sonne genießt und der Vater, der mit den Kindern Fußball spielt, Burgen baut und sich Zeit für seine Sprösslinge nimmt. Wahrscheinlich mit die wertvollste Zeit seines gesamten Lebens und das seiner Kinder. Die Hundebesitzer die versuchen ihre aufgeregten kleinen und großen Schützlinge im Zaum zu halten, weil selbst die so voller Freude sind über das Wasser, den Strand und den Sonnenschein. Gruppen sind unterwegs. Freunde die sich lange kennen und sich einen gemeinsamen Urlaub genehmigen. Frauen, die alleine am Wasser entlanglaufen. Was mag sie hierher bringen? Dann gibt es noch die Pärchengruppen. Also meist sind es zwischen 2-3 Pärchen, die sich für einen gemeinsamen Urlaubstrip entschieden haben. Man kann bei der Konstellation nur hoffen, dass sich zum einen alle verstehen und zum anderen kein Pärchenvergleich a la „aber Max hat Petra ihre Portion Pommes essen lassen“ (reale Konversation aus dem Leben) stattfindet, der dann zum Streit führt. Egal ob jung oder alt, klein oder groß, allein oder gemeinsam – das Meer heißt alle willkommen, wenn seine Einladung auch nicht für alle gilt.

Und weit draußen gibt es Segelboote, die sich vom Wind ins Meer schaukeln lassen. Eins meiner Träume ist es einmal mit einem Segelboot hinauszufahren. Auf dem Wasser vom Wind gehalten zu werden, welch großartiges Gefühl das sein muss, wenn der Wind und das Meer einem durch die Haare pfeift. Weiße Segelboote am Horizont, welch sehnsuchtsvolles Bild vermitteln sie. Nach Meer, nach mehr. Und der Spanier hinter mir schmeißt weitere Schmachtfetzen in den Raum und währenddessen ich so vertieft geschrieben habe, schliefen einfach mal beide Beine an und ließen mich beinahe ein vorbeilaufendes Hochzeitspaar verpassen, das ihre Liebe gemeinsam mit dem unendlichen Horizont im Hintergrund auf Fotos festhalten möchte. Zumindest kann man es nur hoffen und nicht als Flucht aufs Meer interpretieren. Leser und Schreiberlinge versammeln sich hier am Wasser. Zurzeit gehöre ich zum zweiten Teil davon. Menschen mit Worten zu konfrontieren und sie etwas fühlen zu lassen ist mein Wunsch und wenn es nur einen Menschen berührt, dann habe ich meine Pflicht getan.

Weil ich mich ansonsten nicht vollständig fühle, weil meine Seele rastlos auf der Suche nach etwas ist und ich noch nicht ganz verstehe wonach. Allerdings wenn ich hier gerade im Sand, am Meer so sitze, die Musik hinter mir spielt, das Meer vor mir rauscht und die Worte wie ein Wasserfall bereits den ganzen Tag fließen, kommt es mir vor als ob die Antwort auf der Hand liegt. Es war schon immer da, aber es wird Zeit, dass sie mehr Zeit bekommt. Dass der Traum mit Energie gefüllt wird…

…to be continued…

– Beitrag ENDE –

Hinterlasse einen Kommentar